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Chemilumineszenz mit Luminol

Das Luminol als organischer Feststoff wurde erstmals in einer Dissertation aus dem Jahr 1902 beschrieben [1]. Später konnten Curtius und Semper die Synthese vereinfachen [2]. Sie konnten zwar eine blaue Fluoreszenz in saurer Lösung beobachten, die in alkalischer Lösung auftretende Chemilumineszenz wurde von ihnen jedoch nicht entdeckt. Diese Entdeckung wurde erstmals im Forschungalaboratorium der IG Farben gemacht (Lommel) aber nicht publiziert. Dies erfolgte erst 1928 durch H. H. Albrecht [3], von dem auch ein erster Vorschlag zum Mechanismus der Chemilumineszenzreaktion stammt. In den folgenden Jahren wurden zahlreiche Derivate und Strukturmodifizierte Verbindungen hergestellt und auf ihre Chemilumineszenz untersucht [4]. Luminol zählt bis heute, bezüglich der Lichtintensität, zu den Spitzenreitern. Auch an den Vorstellungen zum Reaktionsmechanismus hat sich kaum etwas geändert. Die Synthese erfolgt meist ausgehend von Phthalsäure I. Diese wird mit Nitriersäure in 3-Nitrophthalsäure II überführt, welche wiederum mit Hydrazinhydrat das cyclische Hydrazid III bildet. Die abschließende Reduktion liefert schließlich das 3-Amino-phthalsäurehydrazid (Luminol) IV in mehr oder weniger reiner Form. Eine Arbeitsvorschrift ausgehend von o-Nitrophthalsäure findet man zum Beispiel bei Lambdasyn
klassische Syntese von Luminol
Ich habe die Synthese selbst ausprobiert und auch die entsprechende Menge Luminol erhalten. Es fällt als gelbes Pulver an. Man sollte nur die Geduld aufbringen das Filtrat noch einige Tage stehen lassen. Es fällt nach und nach noch jede Menge Luminol aus. Wilhelm Otto in Würzburg [5] hat sich 1961 eingehend mit den Synthesemöglichkeiten von Luminol beschäftigt und insbesondere auf die Nachvollziehbarkeit in Schullaboratorien geachtet. Er hat die Synthese von Curtius und Semper aufgegriffen und weiterentwickelt. Der Vorteil bei dieser Variante besteht darin, dass Hydrazin in einer Eintopfreaktion sowohl für die Herstellung des Hydrazides genutzt wird, als auch für die Reduktion der Nitrogruppe.
einfache alternative Syntese von Luminol
Als neues Zwischenprodukt tritt der Ester V auf der sich allerdings leicht herstellen lässt und der stabil und lagerfähig ist. Auch diese Synthese habe ich selbst durchgeführt und kann sie im Wesentlichen bestätigen. Allerdings war meine Ausbeute deutlich niedriger als angegeben, dafür ist das Verfahren sehr einfach. Neuere Verfahren wurden vor Allem entwickelt um substituierte Luminole aufzubauen. Hierbei wird der aromatische Ring synthetisch direkt aus einem geschützten Amin, einem ungesättigten Aldehyd und Maleinimid aufgebaut[8].
alternative Syntese von Luminol
Eine super Synthese mit einfachen Ausgangsstoffen. Verwendet man einen substituierten Aldehyd so können andere Substituenden am Aromaten eingeführt werden. Leider bin ich noch nicht dazu gekommen diese Variante selber zu probieren. Das währe vieleicht mal was für interessierte Heimwerker.

Versuche zur Chemilumineszenz

Die Chemilumineszenz von Luminol wird durch Peroxide, im einfachsten Fall Wasserstoffperoxid, in alkalischer Lösung ausgelöst. Diese Oxidationsreaktion erfolgt nur sehr langsam und das entstehende Licht ist mit bloßem Auge nicht zu sehen. Erst die Verwendung von Katalysatoren beschleunigt die Reaktion, so dass genügend Photonen pro Zeiteinheit freigesetzt werden und man die blaue Chemilumineszenz gut sehen kann. Die Quantenausbeute der Luminolreaktion beträgt um die 1,2 %, d. H von 100 umgesetzten Molekülen strahlt lediglich eines ein Photon ab [9].
Mechanismus der Chemilumineszenz von Luminol
Katalysatoren sind z. B. Eisenkomplexe wie Hämin oder Blutlaugensalz. Sie wirken schon in sehr geringen Konzentrationen und man erhält ein schönes gleichmässiges blaues Licht das einige Minuten anhält. Hierauf beruht z. B. der Nachweis von Blutspuren in der Kriminalistik. Das in Blut enthaltene Hämin katalysiert die Chemilumineszenz von Luminol, welche man, im Gegensatz zu den Blutspuren selbst, leicht sehen kann(Versuch 1)[6]. Luminol ist auch eine wichtige Chemikalie in der biochemischen und medizinischen Analytik. Es wird dabei in zweierlei Weise verwendet. Es dient z. B. zum direkten Nachweis von reaktiven Sauerstoffderivaten ROS in Zellen und Geweben. Zu den ROS zählen z. B. Wasserstoffperoxid, Peroxidradikalanionen, Singulett Sauerstoff und Hydroxidradikale. Da alle diese Moleküle mit Luminol eine Chemilumineszenzreaktion geben, lässt sich die Konzentration dieser hoch reaktiven Verbindungen über deren Lichtemission bestimmen. Eine weiteres Anwendungsgebiet sind Analysen die auf Immunoassays basieren. Hierbei wird ein Antikörper mit einem Enzym, z. B. der Meerrettichperoxidase (HPP), markiert. Dieses Enzym ist ein ausgezeichneter Katalysator für die Chemilumineszenz von Luminol mit Wasserstoffperoxid. Selbst aus dem wilden Stoffgemisch einer biologisch/medizinischen Probe reagiert der Antikörper nur mit seinem speziellen Antigen und markiert es dadurch mit der Meerrettichperoxidase (HRP). Man braucht dann nur noch Wasserstoffperoxid und Luminol zuzusetzen und erhält Chemilumineszenzlicht wobei die Lichtmenge proportional zur Stoffmenge an Antikörper und damit auch proportional zur Stoffmenge an Antigen ist. [7] (Versuch 2). Ein besonders guter Katalysator für die Luminol Chemilumineszenz ist das Hypochlorit-Anion. Das abgestrahlte Licht ist außerordentlich hell, hält dafür aber auch nur kurz an. Dadurch lassen sich wunderschöne Leuchteffekte erzielen, wie z. B. Chemilumineszenz-Leuchtsterne (Versuch 3). Hypochlorit ist auch Bestandteil von Haushaltschemikalien und deshalb kann man Versuche wie das leuchtende Klo (Versuch 4) auch gut zu Hause machen. Eine interesante Alternative ist die Anregung der Luminol Chemilumineszenz mit Ultraschall [10]. offenbar reicht die Energie in einer Kavitationsblase aus um die CL anzuregen.

Hinweis zu Oxidationsmitteln: Normalerweise wird die Chemilumineszenz von Luminol in einer alkalischen Wasserstoffperoxid Lösung durchgeführt. Das ist mitunter unpraktisch, vor allem wenn man Schauexperimente und Vorlesungsversuche in grösserem Maßstab durchführen will. Auch wenn man mit Schülern oder anderen Nichtchemikern arbeitet und sie selbst experimentieren lassen möchte, sollte man auf Wasserstoffperoxid verzichten. Eine echte Alternative bilden hier handelsübliche, feste Peroxidmischungen. Diese findet man unter der Bezeichnung "Oxidationsmittel auf Sauerstoffbasis" in Vollwaschmitteln und vor allem in Gardinenbleichmitteln. Für meine Versuche verwende ich normalerweise "Sunil®" oder "Beckmanns Gardinenweiß®". Beide Substanzen enthalten Percarbonat als Peroxidquelle und reagieren in wässriger Lösung alkalisch. Es bedarf daher auch keiner zusätzlichen Laugenzugabe.

1: Luminol Stammlösung mit Sunil®: 12 g Sunil werden in 100 ml Wasser bei Raumtemperatur gerührt. Es entsteht eine milchig trübe Suspension. Zu dieser Suspension gibt man 300 mg Luminol (1,7 mmol) und rührt weitere 10 min. Je nach Qualität des eingesetzten Luminols erhält man eine milchig weiße bis milchkaffeefarbene Suspension. Sie ist über mindestens 12 h lagerstabil und kann für die meisten Demonstrationsversuche verwendet werden.

2. Luminol Pulvermischung mit Beckmanns Gardinenweiß®: Hierfür werden 10 g Gardinenweiß mit 500mg Luminol gut gemischt. Das dabei erhaltene Pulver ist bei trockener Lagerung monatelang haltbar. Gardinenweiß enthält neben 30 % Percarbonat auch noch hoch reichlich Optischen Aufheller. Dieser scheint die Luminol Chemilumineszenz als Sensibilisator zu verstärken.

Mischungen aus Luminol und einem peroxidhaltigen Waschmittel nennen wir LumiInstant.

Katalytische Wirkung von Meerrettich Eine Spatelspitze LumiInstant wurde in ca 2 ml Wasser gelöst und über eine abgeschnittene Scheibe einer Meerrettichwurzel gegossen. In einem dunklen Raum kann man sofort eine sehr helle Chemilumineszenz beobachten. Dies ist ein schönes Experiment für abendliche Partys. Viele Gemüse enthalten Peroxidasen und sind in der Lage die Luminol Chemilumineszenz zu katalysieren (z. B. Kohlrabi und Radieschen), man muss es nur mal ausprobieren.
Lichtblitze aus Hypochklorit und Luminol Da DanKlorix und Gardinenweiß typische Haushaltschemikalien sind, kann man Versuche damit auch zu Hause machen. Als Labor dient das Bad und als Reaktionsgefäß das WC. Zunächst gibt man etwas DanKlorix in das Klobecken. Dann löscht man das Licht gibt eine Luminol/Sunil oder Luminol/Gardinenweiß Lösung dazu. Man wird mit einem schönenen Leuchtenden WC Becken belohnt. Ein Video dazu gibt es bei youtube unter dem Suchwort Leuchtendes Klo.

3. Luminol im aprotischen Medium: Luminol lässt sich nicht nur mit Wasserstoffperoxid zum Leuchten anregen. Unter stark alkalischen Bedingungen reagiert Luminol auch mit dem Sauerstoff der Luft. Dies erfordert allerdings einen Wechsel des Löungsmittels. Dimethylsulfoxid erweist sich als geeignet, weil es sowohl Kaliumhydroxid (die Base) als auch Luminol löst. Der Versuchsaufbau ist denkbar einfach. Man bedeckt den Boden eines Erlenmeyerkolbens mit Kaliumhydroxid - Plätzchen und gibt 2-3 ml DMSO zu, gefolgt von einer Spatelspitze Luminol. Wird das Ganze gut durchgeschüttelt, so zeigt sich eine ziemlich helle Chemilumineszenz. Im Gegensatz zur Reaktion in Wasser ist hier die Emission eher blaugrün. Das Leuchten verschwindet wenn man den Erlenmeyer verschließt, weil dann der Sauerstoff aufgebraucht wird. Öffnen und schütteln startet die Reaktion erneut.

Luminol in DMSO mit festem KOH Das Bild zeigt die Chemilumineszenz von Luminol im System KOH/DMSO. Diese ist ein schönes Beispiel für eine sauerstoffabhängige Reaktion. Das Leuchten hält längere Zeit an wobei das Verlöschen durch Sauerstoffmangel und das Wideraufleuchten mehrmals durchgeführt werden können.
Fazit: Auch über 100 Jahre nach seiner Entdeckung ist Luminol immer noch eine interessante Substanz, die für vielerlei Zwecke Einsetzbar ist. Selbst die Synthese bietet noch Potential für Verbesserungen. Mit unseren heutigen Kenntnissen und Möglichkeiten lassen sich noch viele schöne Experimente durchführen. Man braucht nur ein bisschen Phantasie.

Literatur

  1. A. J. Schmitz, Diss. Heidelberg 1902
  2. Th. Curtius, A. Semper, Chem. Ber. 46 (1913) 1165-1170
  3. H. O. Albrecht, Z. phys. Chem. 136 (1928)321
  4. K. Gleu, K. Pfannstiel, J. prakt. Chem. 146 (1936) 137-150; R. Wegler, J. prakt Chem., 148 (1937) 135-160
  5. W. Otto in Würzburg, Praxis der Naturwissenschaften, 10 (1961) 19-12 und 33-37
  6. H. Brandl, Praxis der Naturwissenschaften Chemie, 5/53 (2004) 27-31
  7. S. Albrecht, H. Brandl, Th. Zimmermann, Chemilumineszenz, Hüthig Verlag Heidelberg, 1996
  8. R. Pérez-Ruiz, R. Fichtler Y. Diaz-Miara, M. Nicoul, D. Schaniel,H. Neumann, M. Beller, D. Blunk, A. G. Griesbeck, A. Jacobi von Wangelin; On the Photophysical Properties of New Luminol Derivatives and their Synthetic Phthalimide Precursors; J. Fluoresc. 20 (2010) 657-664
  9. H. Brandl, D. Weiß, S. Albrecht; MNU (Der mathematische und naturwissenschaftliche Unterricht), 64/3 (2011) 160 - 165
  10. Y. Ando, K. Niwa, N. Yamada, T. Irie, T. Enomoto, H. Kubota, Y. Ohmiya, H. Akiyama; Determination and spectroscopy of quantum yields
  11. D. F. Rivasa, M. Ashokkumarb, Th. Leongb, K. Yasuid, T. Tuziutid, S. Kentishb, D. Lohsec, H. J.G.E. Gardeniersa; Ultrasonics Sonochemistry, 19(6)(2012)1252- 1259
  12. W. J. Baader, C. V. Stevani, E. L. Bastos, The chemistry of peroxides, volume 2 Edited by Z. Rappoport, 2006 John Wiley & Sons, Ltd. S. 1212 - 1270